Mittwoch, 29. Februar 2012

Philip Tingler: Fischtal

Tinglers erster echter Roman stellt eine positive Überraschung dar für all jene, die zuvor seine Essays und Stories gelesen haben. Sind letztere doch eher witzige Unterhaltungsliteratur, die auch gut in Magazinen aufgehoben sind, ist dieses Buch von literarischem Charakter.

Tingler erzählt die Geschichte seiner Familie in einem wunderbaren Ton zwischen Elegie und Ironie. Die Charaktere sind überaus liebevoll gezeichnet, das Bild der Familie als langsam zugrunde gehender Dynastie, mit den Großeltern larger than life, wird großartig transportiert. Auch die Stimmung des sterbenden West-Berlins, die hier die Parallele bildet, ist gekonnt eingefangen. Zuletzt ist der Roman eine einzige Verarbeitung von Tinglers Thomas-Mann-Erfahrungen. Das hätte natürlich tierisch in's Auge gehen können, ist aber mE sehr gut gelungen.

Die einzigen schwachen Momente sind die, in denen Gustavs Leben geschildert wird. Hier hält der Autor nicht durch und das Niveau sinkt hier und da - seltsam. Dennoch, ein tolles Buch, das auch mich oft genug an meine Kindheit hat zurückdenken lassen.

Dienstag, 28. Februar 2012

Martin Suter: Richtig leben mit Geri Weibel

Amüsantes Buch, die Geschichten haben ja MS Ruhm wohl mitbegründet. Im Vergleich mit seinen Romanen bleiben die Geschichten dann aber aber doch nicht so sehr im Gedächtnis. Jede für sich wie ein kleines Gläschen Aperol Sprizz in der ChampBar.

Samstag, 18. Februar 2012

Philipp Tingler: Stil zeigen!

In dieser Textsammlung zum Thema Stil werden wunderbare Illustrationen im Stil der 50er Jahre (á la "der kleine Nick") gezeigt. Die Texte sind lustig u. kurzweilig, wie immer bei PT, aber auch ein bißchen ermüdend auf die Dauer, das ist mir schon bei dem anderen Buch des Autoren (Leute von Welt) so gegangen. Das ganz und gar Überkandidelte, mit einer gehören Prise Intellekt versehen, ist ein netter Zeitvertreib, aber scheint nirgendwo hin zu führen.

Ein Rätsel bei Tingler sind mir die ständigen Wiederholungen innerhalb der Texte, die sicherlich schon als Stilmittel zu sehen sind, ganz manchmal keimt aber doch der Verdacht auf, dass die Textsammlung da einfach nicht sauber redigiert wurde.

Was bleibt: Ein amüsantes Buch ohne wesentlichen Inhalt, also ungefähr das, was Tingler als optimale Konversation bezeichnet. Insofern: Klassenziel erreicht.

Mittwoch, 15. Februar 2012

David Landes: Die Macht der Familie

Landes ist sicherlich ein eminenter Wissenschaftler. Dieses Buch allerdings ist eher von der plauderigen Sorte. Um das nicht falsch verstanden zu wissen: Es ist informativ, es ist spannend und interessant. Es bleibt aber eine farbige Aneinanderreihung von Erzählungen über einige der großen Familien des Industriezeitalters. Die Grundthese der "Macht der Familie" kann aber schon jede einzelne der Familienbiographien nur mit Mühe stützen, der Vielklang der unterschiedlichen Biographien aber gibt das erst recht nicht her. Schon eher wäre die "Macht des Zufalls", die "Macht des am richtigen Augenblicks an der richtigen Stelle Seins" eine geeignete These gewesen. Abgesehen davon also, dass es spannend ist, die verschiedenen Biographien auf sich wirken zu lassen, ist doch interessant, dass viele Geschichten nach einem ähnlichen Rise-and-Fall-Muster ablaufen, in dem die heutigen Erben eher Aktienpakete hin- und herschieben, die großen Industrien aber nur noch in Ausnahmen in Famlienhand bleiben.

Samstag, 11. Februar 2012

Sonia Rossi: Fucking Berlin

Das Buch lässt sich schnell durchschmökern. Es ist routiniert geschrieben (Lektor?) und liest sich flott, wenn natürlich auch die literarische Qualität nicht die allergrößte ist. Was aber irritiert ist der Mangel an Reflektionsfähigkeit und Einsichtsvermögen. Das Protokoll über ein Hurenleben, das hier präsentiert wird, beantwortet leider keine der Fragen, die der Leser an Frau Rossi so hätte. Es wirft vielmehr die Frage auf, wie es kommt, dass sie so konsequent an den entscheidenden Punkten vorbeischreibt. Dem "Wie", dem "Warum". Ein Buch von überraschender emotionaler Oberflächlichkeit.

Montag, 6. Februar 2012

Thomas Mann: Der Tod in Venedig und andere Erzählungen

Die großen Erzählungen Thomas Manns in einem Band, natürlich von S. Fischer. Alles Weltklasse, wobei ich persönlich den Tonio Kröger eher nervtötend fand. Schade, dass der Verlag in diesem Sammelbändchen mit Sekundärliteratur gegeizt hat.