Donnerstag, 3. Mai 2012

Alan Beattie: False Economy

Man stelle sich vor, man hätte auf mehreren Parties Gelegenheit, sich in den Kreis von Leuten zu stellen, die Herrn Beattie beim Erzählen zuhören: Man hört faszinierende Geschichten, überraschende Zusammenhänge, lustige Details und jeden Menge Fakten, die von zunächst unerwartet scheinenden Geschichten zusammengehalten werden. Man ist fasziniert, man trinkt noch was, man ist berauscht. So stelle ich mir das jedenfalls vor, so war die Lektüre des Buches. Dass dieses einige grundlegende Schwächen aufweist (keine These, völlige Unfähigkeit, die eigene marktliberale Position angesichts aktueller Entwicklungen zu hinterfragen, vielleicht etwas zu schnelle Schüsse in der Logik) ist dabei egal. Das ist kein im engsten Sinn wissenschaftliches Buch. Es zeigt aber, wie großartig eine Welt sein kann, in der man Menschen wie Beattie auf Parties treffen könnte. 

Thomas Klugkist: 49 Fragen und Antworten zu Thomas Mann

Diese Einführung in Thomas Manns Werk ist - dem Titel entsprechend - etwas anders aufgebaut als die meiste Sekundärliteratur. Das soll einem offenbar das nötige Wissen auf die wichtigen Fragen auf Germanisten-Parties vermitteln. Warum auch nicht. Der Autor kann ausreichende Kenntnis und eine Riesenbegeisterung von Manns Werk ins Feld führen und vermittelt das auch gut. Man erfährt so einiges über Mann und seine Familie. Kleine Abers: Warum hat der Lektor nicht diese schrecklich verunglückten Halbsätze rausgestrichen? Und: Der Autor neigt zu Abschweifungen, grade nach hinten hin wird das Buch teilweise etwas blumig in freier Assoziation. Wen das nicht stört, bekommt ein unterhaltsames und gelehrtes Buch serviert.

Asfa-Wossen Asserate: Manieren

Asserates Buch ist etwas ganz besonders Schönes. Die gebildeten Betrachtungen, die er zu den verschiedensten Aspekten unseres Lebens anstellt - ganz im Stil einer eigentlich vergangenen Zeit - regen zum Nachdenken, zum Widerspruch oder zur Zustimmung an. Das ist Unterhaltung auf hohem Niveau, sprachlich wundervoll, in manchen Momenten brilliant. Dass das Buch nicht völlig von ihm selbst geschrieben worden sein soll ist da eigentlich fast nicht mehr wichtig.

Hartmut Lange: Der Therapeut

Sammlung von drei Novellen Langes, die seinerzeit in der FAS sehr gelobt wurde. Mich hat es nur mäßig begeistert, Lange bleibt immer im Ungefähren, im Andeutungsweisen, die Geschehnisse bleiben nebulös, der Erzähler teilweise unzuverlässig. Das ist ein interessanter Ansatz, auch die Stories boten genug Stoff, ich weiß also auch nicht, was genau mich gestört hat, insgesamt konnten mich die Geschichten aber nicht fesseln.

Thomas Gsella: Nennt mich Gott

Ein best-of aus dem Schaffen Gsellas. Wunderbare Gedichte zu jeder Lebenslage, manches, besonders die politischen Sachen, schon historisiert, anderes nach wie vor großartig und aktuell.

Christian Kracht (Hg.): Mesopotamia

Das Buch war vor allem ärgerlich. Ein avant-pop-reader? Was soll das sein? Dieses Buch ist es jedenfalls nicht, denn es gibt überhaupt keinen gemeinsamen roten Faden, keinen Ansatz, nichts, das diese Sammlung an Kurzgeschichten zusammenhält, außer, dass die Autoren offenbar gerne reisen und wahrscheinlich alle Freunde von Herrn Kracht waren. Ob dieser ihnen allen einen Gefallen getan hat, ihre Werke zur Veröffentlichung zu bringen, möchte ich dahingestellt lassen. Krachts eigene Geschichte ist, zu allem Überfluss, auch noch eine Doppelung, habe sie schon letztens in einem seiner Bücher (New Wave?) gelesen. Ein paar Geschichten hatten nette Ansätze und waren recht unerhaltsam, konnten das Buch aber auch nicht retten und ich hab auch schon wieder vergessen, welche das waren.